Sonntag, 21. Dezember 2014

Hasta luego, España!

Auf geht's in den Urlaub vom Urlaub. Vor einer Viertelstunde sind wir in Málaga gestartet und schweben jetzt hoch über den Wolken Stuttgart entgegen. Wenn ihr diese Zeilen lest, könnt ihr euch also auch sicher sein, dass ich ebenso wieder gut gelandet bin :-)

Wie im Flug vergangen ist auch meine letzte Woche in Estepona. Die vergangenen Tage war ich unter anderem damit beschäftigt die zwei neuen Helfer - ein junges Pärchen aus Tschechien - einzulernen. Für mich irgendwie unfassbar: Beide haben eine Katzenhaar-Allergie, das Mädel sogar richtig schlimm! Die zwei haben dazu aber eine komplett andere Einstellung und sehen ihren Aufenthalt bei Cleos Katzen-Auffangstation als Herausforderung, mit erschwerten Bedingungen im Leben besser umzugehen zu lernen. Als ich die Jana und Christóf ständig husten und niesen gesehen habe, ist mir bewusst geworden, wie dankbar ich bin, keinerlei Allergien zu haben! Vor allem eine Tierhaar-Allergie wäre für mich das Schlimmste.

Meine zweite große Liebe

Für mich steht nach den letzten drei Wochen nämlich mehr denn je fest, dass Tiere - und besonders Katzen - einfach zu meinen Leben dazugehören. Ich bin ja mit Tieren groß geworden und der tägliche Kontakt hat mir in den letzten Jahren glaube ich echt gefehlt! Aber keine Angst: Natürlich müssen es nicht gleich 30 Katzen in einer Wohnung sein ;-) Wenn möglich würde ich aber dennoch gerne zwei Katern ein neues zuhause schenken, auch damit einer tagsüber nicht so viel alleine ist. "Pumi" habe ich euch beim letzten Mal ja bereits vorgestellt. Des weiteren ist mir sein bester Freund "Tyson" sehr ans Herz gewachsen. Der kleine schwarze Kater mit den kurzen Beinchen und den leuchtend gelben Augen hat die ersten vier Monate seines Lebens in einer kleinen Box in der Tötungsanlage verbracht. Cleo hat sich ebenfalls von seinem Blick erweichen lassen, obwohl sie eigentlich gar keinen Platz mehr frei hatte. Seither blüht der Kleine richtig auf und ist ein total liebenswertes und freundliches Kerlchen geworden, das überall mit anpacken mag. So verging kein Tag, an dem Tyson nicht freudig schnurrend auf meiner Schulter saß, während ich die Katzenklos gesäubert habe. So war ich auch immer "tierisch" motiviert bei der Sache ;-)

Weiterer Master-Kurs im "Abschied nehmen"

Ich dachte eigentlich, dass mir der Abschied von den Tieren wesentlich schwerer fallen würde, aber ich war ganz tapfer ;-) Wahrscheinlich weil ich das die letzten Wochen auch viel geübt habe, so oft wie ich mich von lieb gewonnenen Umgebungen verabschieden musste. So habe ich das "Abschied nehmen" bzw. "Loslassen" gleich mal als meinen dritten offiziellen Kurs hier meiner Universität des Lebens mit aufgenommen :-) Dazu gibt es auch einen schönen Spruch, der mir gestern wieder eingefallen ist: "Nicht weinen, dass es vorbei, sondern lächeln, dass es gewesen ist."

So spüre ich auch gerade eine riesige Dankbarkeit über die vielen schönen Erfahrungen und Begegnungen, die ich bisher auf meiner Reise hatte. Und ich bin fasziniert davon, dass sich irgendwie immer alles ergeben hat, auch ohne dass ich alles perfekt im Voraus plane. Das lässt mich innerlich immer ruhiger und gelassener werden.

Halbzeit-Resumee in Málaga

Vor meinen heutigen Abflug habe ich mir gestern nochmals bewusst einen ganzen Tag für mich alleine in Málaga gegönnt. So hatte ich zum einen ausführlich Zeit, mir die Stadt etwas näher anzuschauen, ein bisschen durch die Läden zu bummeln und einen ausführlichen letzten Strandspaziergang für dieses Jahr zu machen.

Zum anderen konnte ich auch die letzten Wochen nochmals Revue passieren lassen: Was nehme ich aus meiner ersten Zeit in Spanien mit? Richtig bewusst geworden ist mir nochmals, wie viel ich dazu gelernt habe: Nicht nur was meine Sprach- und Spanienkenntnisse anbelangt - auch durch die Lieblingsthemen der Menschen, mit denen ich in Kontakt war, habe ich viel Neues erfahren. Und auch über mich selbst habe ich jede Menge gelernt, was ich unheimlich hilfreich finde.

Kleine Blog-Urlaubspause

Ihr Lieben, ich verabschiede mich mit einem sehr dankbaren und erfüllten Gefühl in meinen Weihnachtsurlaub. Während meiner zwei Wochen zuhause werde ich auch eine kleine Schreib-Pause hier im Blog einlegen und einfach die Zeit daheim genießen :-) Ich melde mich Anfang Januar dann wieder aus Sevilla zurück.

Bis dahin wünsche ich euch schöne, gemütliche Weihnachtstage und einen guten Start in ein gesundes und glückliches 2015!

Zum Jahresende möchte ich euch noch ein Zitat mit auf den Weg geben, dass ein Pilger während meines Aufenthalts ins Gästebuch der Herberge geschrieben hat:

"Si no zarpas no naufragas pero tampoco descubres el perfume del horizonte."

Das bedeutet frei übersetzt so viel wie: "Wer nicht die Leinen löst und los segelt, geht zwar nicht unter - aber entdeckt auch nicht neue Ufer."

In diesem Sinne auch nochmals ein herzliches Dankeschön an all diejenigen, die mir Wind in meine Segel gepustet haben, so dass ich tatsächlich zu meiner Aus(lands)zeit aufgebrochen bin und neue Ufer entdecken durfte. Und ich freue mich wirklich riesig, dass ihr meinen Blog mit verfolgt und somit ein Teil meiner Reise seid!

PS: Noch als kleiner Nachtrag - auf dem untersten Bild seht ihr, wie liebevoll ich am Flughafen heute empfangen wurde. War sehr gerührt!

Samstag, 13. Dezember 2014

Bis über beide Ohren verliebt

Es kam, was kommen musste: Ich habe mich unsterblich verliebt. Und zwar in einen flotten, jungen Spanier von der Straße mit langen roten Haaren. Mein Schwarm heißt Pumuckel (kurz Pumi), ist fünf Monate jung und gehört zu meiner rund 70-köpfigen Rasselbande, um die ich mich hier bei der Katzenauffang-Station in Estepona liebevoll kümmere.

Kleine Katzenkunde von A bis Z

Wer hier arbeitet, muss Katzen wirklich lieben. Und neben verdammt guten Nerven auch ein irre Namensgedächtnis haben ;-) Denn hier hat wirklich jedes Tier einen Namen! Nach fast zwei Wochen Aufenthalt kenne ich immerhin über die Hälfte.

Neben den unterschiedlichsten Namen gibt es hier wirklich Katzen in allen Formen und Farben: Von der bildhübschen, exotischen Savannah-Katzendame "Anni", über den pummeligen (pssst, das hört die stolze Besitzerin Cleo äußerst ungern) Britisch-Kurzhaar-Tiger "Fridolin" und den bedrohlich knurrenden goldfarbenen Bengalen-Kater "Yoko" bis hin zu "ganz normalen" Straßenkatzen wird hier wirklich jeder Samtpfoten-Liebhaber fündig. Neben den vielen Namen lerne ich übrigens auch einiges über die unterschiedlichen Rassen und die richtige Pflege - total interessant!

Wo kommen eigentlich all die Katzen her?

Wie kommt Cleo, die als deutsche Auswanderin die Katzenauffang-Station seit acht Jahren betreibt, zu all den Tieren? Zum einen klappert sie die überfüllten Tierheime sowie eine Katzen-Tötungsanlagen hier in der Region ab. Zum anderen bekommt sie immer wieder auch "Findelkinder" von Freunden und Bekannten aufs Auge gedrückt oder gabelt diese selbst von der Straße auf - teilweise in einem gesundheitlich sehr kritischen Zustand. Zusammen mit befreundeten Tierärzten peppelt sie die Tiere wieder auf, lässt sie kastrieren und sucht für ihre Schützlinge ein neues Zuhause in Deutschland.

Von den rund 70 Katzen sind gut 45 in der laufenden Vermittlung. Die restlichen sind ihre eigenen Tiere - viele davon ein "Überbleibsel" unvermittelbarer Katzen, weil zu alt, zu scheu, zu unscheinbar, chronisch krank...

Von positiven Überraschungen... 

Mein erster Eindruck war gemischt. Sehr positiv überrascht war ich davon, wie gut es es den Tieren hier geht! Unter einer Katzenauffang-Station hatte ich mir einen Haufen kläglich schreiender Katzen mit struppigem Fell vorgestellt, die einen aus engen Käfigen mit großen, traurigen Augen anschauen. Die Katzen, die mich hier bei meiner Ankunft begrüßt haben, waren aber das genaue Gegenteil!

Die meisten Tiere sind total verspielt und verschmust, haben glänzendes Fell und sind (wieder) sehr gut genährt - für meinen Geschmack meist sogar zu gut ;-) Sie leben zusammen in einem großräumigen Katzenhaus bzw. in kleineren Gehegen und sind mit weichen Kuscheldecken, allerlei Spielzeug, leckerem Premiumfutter und sogar Infrarot-Lampen und Heizstrahlern für die "kalten" Nächte bestens versorgt! Bei so vielen Tieren geht es außerdem verhältnismäßig friedlich zu! Das liegt vielleicht auch daran, dass sie sich vormittags richtig im weitläufigen Garten austoben dürfen. Gleichzeitig hat das auch den Vorteil, dass wir in Ruhe alles saubermachen können.

...und persönlichen Toleranzgrenzen

Wo allerdings sogar ich als riesen Katzenfan an meine persönliche Toleranzgrenze stoße, sind die 25 Katzen von Cleo, die sich Tag und Nacht im Wohnhaus aufhalten. Denn die sind wirklich überall anzutreffen: Auf der Couch, auf dem Ess- und Küchentisch, im Bad... Da bin ich wirklich froh, dass ich mir zusammen mit der anderen freiwilligen Helferin Stella aus Südkorea einen gemütlichen und katzenfreien Wohnwagen teile. Die tierische Omnipräsenz hat neulich sogar dazu geführt, dass ich mich kurzzeitig im Bad (zuvor hab ich noch den schlafenden Kater "Mumi" aus dem Waschbecken entfernt ;-)) eingeschlossen habe, um in Ruhe meine Salami schneiden zu können, ohne dass ständig irgendeine Naschkatze versucht, meinen Teller leer zu räubern.

Darüber hinaus hatte ich auch mit der Katzenmama Cleo zu Beginn etwas Startschwierigkeiten. Im Laufe der Jahre hat sie wohl einige Eigenheiten der Katzen angenommen und faucht ihre Mitmenschen immer wieder - und meist vollkommen unerwartet - an. Nach einem klärenden Gespräch haben wir aber jetzt eine ganz gute Basis gefunden. Im Grunde weiß ich, dass sie einen guten Kern und ein sehr großes Herz hat. Auch wenn sie das vielleicht nicht immer zeigen kann ;-)

Es gibt immer was zu tun - und zu lachen!

Eines kann ich euch sagen: Langeweile kommt hier nicht auf! Dazu gibt es hier wirklich zu viel zu tun. Nicht nur, dass jeden Tag alle Gehege gründlich geputzt und die Tiere versorgt werden müssen - ich versuche mir auch immer mindestens eine Stunde täglich Zeit zu nehmen, um jeder Katze eine kleine Streicheleinheit zu schenken. Was ich auch super spannend finde: Nach und nach die unterschiedlichen Charaktere der Tiere kennenzulernen und sie in ihrem Umgang miteinander zu beobachten. Da geht mir wirklich jedes Mal das Herz auf und ich amüsiere mich immer wieder köstlich! Vor allem am Gehege mit den kleinsten Kätzchen, in dem auch "mein" Pumi wohnt, kann ich nie einfach nur so vorbeilaufen ;-)

Darüber hinaus helfe ich zusätzlich mehrmals die Woche jeweils für 2-3 Stunden bei der befreundeten Tierärztin aus, gehe mit den Hunden spazieren und bin jetzt auch von Cleo zur offiziellen "Hasenmama" ernannt worden. Irgendwie scheine ich seit langem die erste Helferin zu sein, die sich auch eingehend mit diesen beiden Tieren beschäftigt. So haben "Hanni und Nanni" mittlerweile nicht nur ein glänzend gebürstetes Fell, sondern auch ein regenundurchlässiges Gehege, frisches Heu, sowie ein eigenes Klo samt selbstgebasteltem Unterschlupf :-)

Von Katzen die hoch hinaus wollen oder abheben

Dazu kommen noch spezielle Aktionen. So zum beispielsweise unser heutiges, waghalsiges Rettungsmannöver, bei der wir die verzweifelte Katze "Lilly" vom Dach geholt haben. Sie war vor einigen Tagen über einen Baum aufs Dach gehüpft und hat sich nicht mehr runter bewegt. Selbst Katzenfutter, das wir löffelweise als Lockmittel auf den Baum katapultiert haben, hatte nichts geholfen. Dafür hat die Hauswand jetzt eine neue Farbe - der hellbraune Ton nennt sich "Geflügel" ;-)

Außerdem durfte ich gleich in meinen ersten Tagen auch mit zum Flughafen nach Malaga, als wir vier Katzen und einen Hund samt Flugpatin Daniela nach Deutschland verabschiedet haben. Ich fand es echt interessant, mal den ganzen Prozess mitzuerleben. So habe ich unter anderem gelernt, dass die vermittelten Tiere nicht einfach so in den Flieger gepackt werden können, sondern immer noch einen mitreisenden Menschen als Flugpaten benötigen. Ich habe beschlossen, mich beim Heimflug aus einem Urlaubsland ab sofort auch immer unter www.flugpate.com als Flugpatin anzubieten. Denn für mich ist das kein wirklicher Mehraufwand und die Transportkosten übernimmt die Organisation - dafür verhelfe ich einem oder gleich mehreren Vierbeinern schneller zu einem neuen Zuhause. Vielleicht ist das ja auch was für den einen oder anderen von euch. Hier steht auch nochmals genau, was es mit der Flugpatenschaft auf sich hat.

Mein Alltagsluxus in Estepona

Abgesehen von meinen Kuscheleinheiten mit den Tieren, gibt es noch anderen Alltagsluxus, den ich sehr genieße. Zum einen ist es hier in Südspanien tagsüber immer noch angenehm warm, so dass ich bei rund 18 Grad in der Sonne auch mal nur im T-Shirt rumlaufen kann. Dafür kühlt es nachts relativ ab, so dass ich über die Heizung im Wohnwagen sehr froh bin. Zum anderen genieße ich es sehr, so nah am Meer zu sein. Von Cleos Finca brauche ich nur ca. 20 Minuten zu Fuß, einen Spaziergang den ich so oft ich kann unternehme, wenn ich nachmittags frei habe.

Zudem habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, die Sonnenauf- und untergänge so gut wie jeden Tag anzuschauen. So hab ich das Gefühl, den Tag auch wirklich miterlebt zu haben. Und trotzdem vergehen die Tage wie im Nu: Sonntag in einer Woche geht es dann schon für zwei Wochen über Weihnachten und Silvester nach Hause! So lange genieße ich jetzt aber noch meine Zeit mit den Katzen und das milde Klima Südspaniens in vollen Zügen.

...und ich überlege mir schon mal einen guten Schlachtplan, wie ich Tobi und meine Familie vielleicht für eine Adaption des kleinen Pumi begeistern kann ;-)

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Lost in Sevilla

Es gibt eigentlich nur eine Stadt, in der ich mich ständig hoffnungslos verlaufe. Und die heißt Sevilla! Das lustige ist, dass ich normalerweise wirklich einen sehr guten Orientierungssinn habe. Aber die Innenstadt ist ein einziges Wirr-Warr an verschachtelten kleinen Sträßchen, die zum Teil so eng sind, dass mit Mühe und Not gerade noch so ein Auto durch passt. Beruhigend und sehr sympathisch fand ich, dass sogar Antonio, der schon lange in der Stadt wohnt, sich auch ein paar Mal versichern musste, dass wir noch auf dem richtigen Weg zu meinem Hostel sind.

Antonio habe ich ebenfalls im April beim pilgern kennen gelernt und er hatte am Freitag sogar extra seinen Familien-Ausflug verschoben, um mir ein bisschen seine Stadt zu zeigen. So haben wir nicht nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten per Fußmarsch erkundet, sondern zwischendrin auch immer wieder Halt in seinen Lieblings-Tapasbars und Tavernen gemacht. So gab es zu jedem Cerveza bzw. Clara (das spanische Radler) ein Häppchen dazu. Die Tapas-Kultur kommt übrigens auch aus Andalusien. So zieht man wirklich von Bar zu Bar und isst zu jedem Bier immer noch eine Kleinigkeit dazu - und wird dadurch nicht so schnell betrunken ;-)

Rücken gerade biegen und Kontakte knüpfen

Allerdings hatte ich für meinen Sevilla-Aufenthalt nicht nur Sightseeing, sondern auch einige Pflichttermine auf dem Programm. So hab ich unter anderem bei einem Osteopathen vorbeigeschaut, der meine Wirbel wieder etwas "zurecht gerückt" hat. Das ist seit meinem Wirbelbruch vor fünf Jahren immer mal wieder nötig, gerade auch wenn ich so einen schweren Rucksack mit mir rumschleppe. Die Verständigung hat auch super geklappt: Ich konnte ihm mein Anliegen und die Hintergrund-Geschichte mit meiner Turmsprung-Aktion komplett auf spanisch erklären. Total nett fand ich übrigens, dass ich samstags in die Praxis kommen durfte, obwohl da eigentlich geschlossen ist. Aber weil sie freitags so spontan nichts mehr frei hatten und ich ja nur das Wochenende in Sevilla war, hat er für mich eine Ausnahme gemacht!

Neben dem Rücken gerade biegen war auch Kontakte knüpfen angesagt. Zufälligerweise arbeitet das Hostel, in dem ich übernachtet habe, auch mit freiwilligen Helfern zusammen. Und da ich total Lust hätte, nächstes Jahr für einige Wochen in Sevilla zu leben, habe ich mich direkt vor Ort dem Hostel-Manager Carlo vorgestellt. Das Gespräch lief sehr gut, die Arbeit klingt entspannt und das Team macht einen super netten Eindruck! Jetzt müssen wir eigentlich nur noch den Zeitraum fixieren und dann geht's 2015 nochmal zurück nach Sevilla. Das würde mich echt freuen, weil die Stadt so viel Flair und unglaublich viel zu bieten hat.

Das wurde mir auch nochmal während meiner Free Walking Tour durch die Stadtviertel Santa Cruz und Triana klar. Wer diese Art Stadtführungen übrigens noch nicht kennt, dem möchte ich sie dringend ans Herz legen. Diese organisierten Stadtrundgänge auf Spendenbasis gibt es mittlerweile in vielen Städten. Sie werden meist von Einheimischen durchgeführt, die total interessante Geschichten aus dem Nähkästchen plaudern.

Sich in und durch Sevilla treiben lassen

Am meisten habe ich am Wochenende genossen, mich einfach treiben lassen zu können. So habe ich am Sonntag den Stadtplan erst gar nicht mehr ausgepackt, sondern bin einfach drauf losgelaufen und hab mich überraschen lassen, wo ich raus komme. Unter anderem bin ich auch an der Plaza de España gelandet. Besonders gut gefallen mir an diesem Platz die kleinen Nischen mit Sitzbänken, mit denen jeder der 48 Provinzen Spaniens eine eigene Nische gewidmet wurde. Beim durchlaufen ist mir erst richtig bewusst geworden, wieviel ich jetzt schon von Spanien kenne - ein echt schönes Gefühl. Eine kleine Pause habe ich dann in der Málaga-Nische eingelegt. Schließlich liegt meine letzte Station Estepona ja in dieser Provinz, so dass ich mich einfach schon mal einfühlen wollte. Und bei über 20 Grad an diesem Nachmittag habe ich es dann auch eine ganze Weile dort auf dem kleinen Bänkchen ausgehalten :-)

Genossen habe ich es aber auch, spontan zu sein. So habe ich bei meiner Free Walking Tour ein sehr nettes Mädel - Inga aus Berlin - kennengelernt, mit der ich im Anschluss noch was trinken gegangen bin. Und als ich dann um kurz vor zehn erschöpft wieder im Hostel war,  hat mich mein Zimmernachbar Mohammed noch zum Tapas essen überredet. Im Nachhinein bin ich auch echt froh, dass ich noch mit bin - das Essen war superlecker, ein echter Geheimtipp (La Pepona - für alle, die's mal selbst testen wollen :-)).

Zeit zum Verweilen und Lauschen

Mein kulturelles Highlight war übrigens keine der typischen Sehenswürdigkeiten. An meinem letzten Abend auf dem Heimweg von der Flamenco-Show hat mich die Musik eines Straßenmusikers sehr berührt. Frank, der eigentlich aus Sevilla kommt, schreibt und vertont seine Lieder am liebsten auf Englisch. Und die Texte gehen echt unter die Haut - so zum Beispiel "As Mum said", das Lied hat er zum Tod seiner Mutter geschrieben.

In Summe kann ich für mich sagen: All die schönen Erlebnisse waren möglich, weil ich meinen Aufenthalt in Sevilla nicht so streng getaktet hatte und dadurch genügend Raum für Spontaneität blieb. Das möchte ich mir auch gerne nach meiner Zeit in Spanien für meinen normalerweise sehr straff organisierten Alltag zuhause mitnehmen: Mir mehr Freiräume im Alltagstrubel zu schaffen, um mich an spontanen Aktionen zu erfreuen - oder auch einfach nichts zu tun :-). 

Auf zur letzten Station

Am Montagmorgen ging's dann schon wieder weiter nach Estepona - zur meiner letzten Station in Spanien vor Weihnachten. Über meinen Alltag bei der Katzenauffangstation werde ich in meinen nächsten Blogbeitrag dann ausführlich berichten. Gerade bin ich erst mal noch dabei, die ersten Eindrücke zu verarbeiten und mir die Namen der rund 70 Katzen zu merken ;-)

Donnerstag, 27. November 2014

Heiß auf den Dicken

Mich hat das Fieber gepackt. Und zwar das Weihnachtslotterie-Fieber, das schon wieder seit einiger Zeit hier in Spanien grassiert. Bei den zahlreichen Verkaufsstellen ist eine "Infektion" quasi unausweichlich: Von der Stammkneipe, über die Poststelle bis hin zur örtlichen Kirche - überall gibt es die Papierlose mit den fünfstelligen Zahlenkombinationen zu kaufen. Ich habe mal gelesen, dass wohl 97% der Spanier bei der Weihnachtslotterie mitmachen, das hat mich doch neugierig gemacht. Daher habe ich Maria neulich beim Abendessen angesprochen, was es mit dem Hype auf sich hat. Sie ist zwar bisher strenge Weihnachtslotterie-Verweigerin, hat mich aber trotzdem sehr gerne aufgeklärt.

Wissenswertes über die Weihnachtslotterie

Die fünf interessantesten Fakten fasse ich euch mal auf einen Blick zusammen:
  • Die sogenannte "Sorteo de Navidad" ist die weltweit größte Lotterie - gemessen am auszuspielenden Gesamtgewinn.
  • Ein ganzes Los zu kaufen ist ziemlich teuer - das kostet rund 200 Euro. Daher erwerben die meisten Spanier ein Zehntellos (Décimos) à 20 Euro.
  • Am begehrtesten ist der Hauptpreis, auch "El Gordo" (der Dicke) genannt, der 4 Mio. Euro wert ist.
  • Die Ziehung findet immer am Vormittag des 22.12. statt. Dann sitzt ganz Spanien knapp vier Stunden gebannt vor dem Fernseher oder dem Radio - so lange dauert es bis alle rund 1.800 Preise öffentlich ausgelost sind.
  • Das Witzigste: Die Losnummern und die Gewinnsumme werden nicht einfach nur vorgelesen, sondern von zwei Kindern gesungen. 
Ich habe mir jedenfalls in Josés Stammkneipe ein Zehntellos gekauft und mit meinem Lotterie-Fieber letzten Endes dann sogar noch Maria und ihren Bruder angesteckt, die sich gemeinsam ein Zehntellos teilen. Abends haben wir uns zum Spaß auch gleich ausgemalt, was wir mit "dem Dicken" alles anstellen würden... Maria würde ihre Sachen packen und zu einer Weltreise aufbrechen, José würde gerne ein eigenes Gesundheitszentrum für alternative Medizin auf seinem Grundstück errichten und ich hab den beiden damit "gedroht" die zum Verkauf stehende Finca auf dem Nachbargrundstück samt zwölfköpfiger Schafherde zu erwerben ;-)

So bringt man mich auf die Palme

Was ist sonst noch so in meiner Zeit auf der Finca passiert? Nun, der "Dschungel" hat sich gelichtet, wir haben sämtliche Oliven- und Korkbäume zurückgeschnitten, den alten Hühnerstall abgebaut, Zäune von Gestrüpp befreit, das Unkraut im Gemüsegarten gejätet (uff, ist das anstrengend!) und die Palmen gestutzt. Das hat mir besonders gefallen: Wie ein Äffchen am Baum zu hängen und die Palme wie eine Banane zu schälen, das heißt nach und nach die alten Palmblätter auszuzupfen. Da dabei ziemlich viel Dreck aus den Blättern auf einen runter rieselt, hat mir José noch eine super stylische gelbe Brille verpasst, wie ihr unten auf einem der Fotos sehen könnt.

Exkursion nach Acebo und "Back to the roots" 

Neben der Arbeit haben die beiden auch versucht, mir noch ein bisschen was von der Umgebung zu zeigen - soweit das ohne Auto eben möglich ist. So hat José beispielsweise mit mir das Nachbarstädtchen Acebo zu Fuß erkundet, das ich ziemlich idyllisch fand. Ein Dorf, das noch etwas höher als Hoyos liegt, umgeben von der Sierra de Gata, ein charmantes jüdisches Viertel mit alten kleinen Gassen und Ziegenherden, die am Ortsrand grasen.

Letzten Sonntag sind wir dann noch mit ein paar Bekannten aus Hoyos nach "Gata" (was übrigens auf Spanisch Katze heißt :-)) gefahren. Von dort aus sind wir die letzten vier Kilometer in die Berge gewandert, wo sich das riesige Grundstück eines befreundeten jungen Ehepaars  (Juan und Paz) befindet, die ebenfalls mit freiwilligen Helfern arbeiten, die sie über die Internetplattform "Work away" finden. Das Witzige ist: Mit genau diesem Ehepaar stand ich ebenfalls in Kontakt, um bei ihnen in den Bergen mitzuhelfen. Da Maria und José sich aber schneller gemeldet haben, habe ich mich für die beiden entschieden. Und bin sehr froh über meine Entscheidung!

Denn auch wenn es wirklich interessant war, mal zu sehen wie und wo andere Freiwillige arbeiten bzw. wo es mich beinahe hinverschlagen hätte. Ich glaube insgesamt wäre mir das doch zu krass gewesen. Neben der - für Mädels sehr schweren - körperlichen Arbeit, haben mich auch ehrlich gesagt die hygienischen Rahmenbedingungen eher abgeschreckt. So haben Juan und Paz durch die zahlreichen Bergquellen zwar jede Menge frisches, fließendes Wasser. Aber ein richtiges Klo, eine Dusche oder eine Waschmaschine gibt es mitten in den Bergen natürlich nicht. Dafür ein Plumpsklo und eine Badewanne im Freien (!), unter der man ein Feuer machen kann, um sich sobald das Wasser warm genug ist, zu baden - und anschließend gleich noch die Kleidung von Hand darin zu waschen. Eine der Freiwilligen hat mir erklärt, dass sie nur ca. einmal pro Woche richtig badet, auch weil es echt umständlich ist! Bis sie Holz gesammelt, das Feuer entzündet und das Wasser die richtige Temperatur hat, vergehen fast zwei Stunden. Und dann muss man natürlich noch aufpassen, das man sich den Po beim Baden nicht verbrennt ;-) Ich glaube die beiden Freiwilligen waren fast ein bisschen neidisch, als ich ihnen von meinem Leben bei Maria und José erzählt habe. Und dabei dachte ich, dass wir schon etwas ursprünglicher leben...

Ich packe wieder meinen Rucksack und nehme mit...

Es ist wieder soweit - ich ziehe weiter! Und gerade weil ich im idyllischen Hoyos definitiv einen sehr entschleunigten Lebensrhythmus hatte, bin ich sehr erstaunt, wie schnell die zwei Wochen verflogen sind! Echt rührend fand ich, dass die beiden gestern Abend noch ein schönes Abschiedessen organisiert haben. Auch Marias Bruder Carlos und seine Freundin kamen zu Besuch. Und zur Feier des Tages gab es neben Tortilla, Hühnchen und Birnen-Apfel-Kompott sogar Wein - der war im Gegensatz zu Güemes bei Maria und José nämlich nicht an der Tagesordnung.

Was nehme ich aus diesem Aufenthalt auf der Finca Santa Caralina mit - abgesehen von leckerem Olivenöl und Oliven? Auf jeden Fall einen immens erweiterten Wortschatz, der dank Maria sogar noch von typisch spanischen "Tacos" (Schimpfwörtern) gespickt ist. Die konnte ich vor allem dann fleißig notieren, wenn sie mal wieder beim Schach oder beim Würfelspiel "Mentiroso" (quasi die spanische Version von Mäxle) verloren hat :-)

Überhaupt das Alltagsleben von Spaniern mitzuleben und zu erfahren, was die Menschen bewegt (z.B. die vielen Korruptionsvorfälle in der Politik), sich über Gewohnheiten und Bräuche auszutauschen und einfach Teil einer Familie zu sein - all das war sehr wertvoll für mich und ich bin sehr dankbar für diese einmalige Erfahrung! Von José habe ich noch einige tolle Atem- und Dehnübungen im Gepäck und von Maria habe ich leckere und zugleich einfache Rezepte abgeschaut (z.B. "falsche Tortilla"). Ach ja und meine Knoblauch-Unverträglichkeit hat sich mittlerweile übrigens auch gelegt ;-)


Vom Paradies in den Großstadt-Dschungel

So geht es vom paradiesischen Urwald auf der Finca nun weiter in den Großstadt-Dschungel. Sevilla heißt mein nächster Halt auf meiner Reise. Hier verbringe ich das Wochenende, bevor es dann am Montag auf zu meiner letzten Station nach Estepona vor Weihnachten geht. Dort unterstütze ich Cleo, eine deutsche Auswanderin, die sich für die Straßenkatzen einsetzt. Mehr dazu aber nächste Woche. Jetzt freue ich mich erst mal total auf Sevilla, wo ich voraussichtlich ein starkes Kontrastprogramm zu Hoyos genießen werde :-) Und besonders freue ich mich auf eine lange heiße Dusche, ohne Angst zu haben, dass die anderen nach mir kein warmes Wasser mehr haben ;-)