Montag, 10. November 2014

Auf und ab in Portugal

Heute Morgen hatte ich erstmals richtig Pech. Kaum stand ich an der Metro-Station, um zum Fernbus-Bahnhof zu fahren, gab es technische Probleme und es kam einfach keine Metro mehr. Dabei war alles so schön geplant: Bereits bei unserer Ankunft in Lissabon am Donnerstag habe ich mir relativ mühselig eine Verbindung zurück nach Spanien ergattert. Denn obwohl mein nächstes Reiseziel Extremadura der direkt an Portugal angrenzende Teil Spaniens ist, fahren dorthin keinerlei Züge und auch nur zwei Busgesellschaften mit relativ wenigen Verbindungen. Soviel zur Nachbarschaftspflege zwischen Portugal und Spanien ;-) Nach langer Suche konnte ich dann aber doch einen Bus für Montagmorgen um 9.15 Uhr buchen - ebenso wie ein schönes Zimmer in Cáceres. Das ist die Hauptstadt von Extremadura, wo ich einen kurzen Zwischenstopp einlegen wollte, bevor die Farmarbeit beginnt.

Glück im Unglück und erneute Gelassenheits-Probe

Als nach über einer halben Stunde endlich wieder eine Metro fuhr (normalerweise verkehren die im 4-Minutentakt), war mir eigentlich schon klar, dass ich meinen Bus nicht mehr erreichen würde. Das hat mich zunächst echt nervös gemacht, weil ich auch angefangen habe, sämtliche Alternativen inklusive aller Konsequenzen innerlich durchzuspielen - von einer zusätzlichen Nacht in Lissabon, über einen anderen Zwischenstopp in Extremadura bis hin zur Spätbus-Variante, der allerdings erst mitten in der Nacht in Cáceres angekommen wäre.

Letzten Endes habe ich beschlossen, nicht mehr weiter nachzudenken, sondern einfach die Situation anzunehmen und abzuwarten. So war zwar mein Bus tatsächlich schon weg, als ich endlich ankam. Aber dafür habe ich an der Busstation ein nettes Mädel (Catherine) aus New York getroffen, die genau das gleiche Schicksal teilte. Und auf unsere gemeinsamen Erklärungen hin hat uns die freundliche Dame am Ticket-Schalter auf einen zeitnahen Alternativ-Bus umgebucht - ohne dass wir dafür nochmals extra bezahlen mussten. Cool, oder?! So sitzen wir jetzt gemeinsam im Bus in Richtung Cáceres - zwar drei Stunden später als geplant, dafür überglücklich :-)

Von Sprachbarrieren und Baracken

Zum Glück waren die anderen Tage in Portugal etwas weniger nervenaufreibend - wenn auch vergleichsweise anstrengender als in Spanien. Denn obwohl die Portugiesen sehr viel häufiger und besser Englisch sprechen als die Spanier, so war es für mich doch wieder ungewohnt, sich nicht so einfach verständigen bzw. vor allem alles lesen zu können wie bisher. Zwar lassen sich einige Worte aus dem Spanischen ableiten, aber die Aussprache ist komplett anders. Tobi und ich mussten des Öfteren herzlich lachen, wenn wir versucht haben, Standard-Sätze aus unserem Reiseführer (z.B. "Danke, das hat sehr lecker geschmückt!") in der Praxis wiederzugeben. Irgendwie hat sich das für uns immer ein bisschen wie bei "Willkommen bei den Sch'tis" angehört :-)

Viel mehr sprachlos haben uns aber die vielen leerstehenden, teils sehr heruntergekommenen Häuser in bester Innenstadt-Lage gemacht - sowohl in Porto als auch in Lissabon. Vor allem, wenn wir es ja sonst von zuhause gewohnt sind, dass solche Baracken abgerissen und mal eben ein weiteres Einkaufszentrum draufgesetzt wird. So wurde uns bei all dem Sightseeing auch immer wieder die schwierige wirtschaftliche Situation des Landes vor Augen geführt.

6 Highlights aus 6 Tagen Portugal

Kommen wir jetzt aber zu den  Glanzlichtern unserer Portugal-Tour - was waren die Highlights aus sechs Tagen Porto und Lissabon?

1) Portwein-Tasting in Gaia: Obwohl ich sonst nicht so gerne Wein trinke - seit Mittwoch bin ich bekennender Portwein-Fan! Vor allem der LBV (Long Botteled Vintage) hat's mir angetan :-) In Portos Stadtteil Gaia gibt es zahllose Portwein-Kellereien, durch deren edle Tropfen man sich im Rahmen einer Führung schlürfen kann. Wir haben uns für Taylor's entschieden, eine der traditionsreichsten Marken. Dadurch dass sie ihren Sitz relativ weit oben am Hang haben, hat man auch gleichzeitig einen tollen Blick auf Porto.

2) Porto by Night hoch über dem Fluss: Die große Brücke, die Porto und Gaia miteinander verbindet und sehr an den Eiffelturm erinnert (hat wohl auch ein Schüler des Eiffelturm-Baumeisters konstruiert) muss man unbedingt zweimal überquert haben. Den unteren Abschnitt am besten auf dem Hinweg nach Gaia. Hier hat man auch einen tollen Blick auf die Kellereien auf der anderen Flussseite und die historischen Portwein-Schiffchen. Und den schwindelerregend höheren Abschnitt empfehlen wir bei Dunkelheit zu überqueren - dort erwartet ein gigantischer Ausblick auf das beleuchtete Gaia und Porto. Wer jedoch (wie wir) die letzte Seilbahn zum oberen Brückenübergang verpasst und nach dem Portwein-Tasting obendrein zu schwere Beine hat, kann sich Tobis Insidertipp zu nutze machen: Einfach mit dem Fahrstuhl bis zum letzten Stock des nahegelegenen Parkhauses fahren - von dort aus sind es nur noch zwei Minuten bis zum oberen Brückenübergang :-)

3) Achterbahnfahrt mit der 28 durch Lissabon: Einen ersten Eindruck der Stadt haben wir auf einer Fahrt mit der gelben 28-er-Tram (ähnlich wie die in San Francisco) gewonnen. Die rattert mit einer teilweise irren Geschwindigkeit durch die engen Gassen der Altstadt - natürlich immer bergauf und bergab, weil Lissabon ebenso wie Porto unglaublich hügelig ist. Ins Schwitzen kommt man übrigens nicht nur aufgrund der vielen Menschen, die sich in so einen kleinen Waggon quetschen. Gerade auch wie knapp die Bahn immer an Menschen, Autos oder Häusern vorbeisaust, hat mir hin und wieder den Atem stocken lassen.

4) Fado-Konzert bei Senhor Vinho: Richtig unter die Haut gingen mir die Fado-Gesänge im schicken Restaurant von Senhor Vinho, das wohl für seine erstklassigen Konzerte weit und breit bekannt ist. Bei Fado handelt es sich um eine eher melancholische Musikrichtung mit langer Tradition in Portugal. Auch wenn wir vom Gesang natürlich nicht allzu viel verstanden haben, so kommt schon allein durch die Melodie und die Ausdruckskraft der SängerInnen unglaublich viel rüber - in Summe vor allem viel Herzschmerz. Da es unser erstes Fado-Konzert war, hab ich nicht wirklich viel Vergleich, aber bei und lief es so ab: Insgesamt traten fünf Fado-SängerInnen auf und gaben dabei durchschnittlich fünf Lieder zum besten. Begleitet wurden sie von mindestens zwei, meist drei Gitarren (eine birnenförmige portugiesische und zwei klassische). Zwischendrin gab es rund 15-minütige Pausen zum Essen und Reden - denn das war während der Auftritte eher verpönt. Wenn ihr mal reinhören wollt - ich habe euch zwei Links von Aldina Duarte und Duarte meinen beiden Lieblingssängern von diesem Abend - rausgesucht.

5) Puddingtörtchen in Belém: Für Naschkatzen ein wahrer Traum! Die besten "Pastéis de nata" gibt's in Belém, einem etwas außerhalb gelegenen Stadtteil von Lissabon, den man mit der Straßenbahn 15 problemlos erreicht. Das haben wir gleich noch mit einem kleinen Spaziergang verbunden, vorbei am pompösen Kloster und am Meer entlang bis zum Torre, einem mittelalterlichen Türmchen direkt am Ufer. So sind auch einige Puddingtörtchen-Kalorien gleich wieder abtrainiert ;-)

6) Ausflug in die magischen Gärten von Sintra: Nachdem ich Tobi gestern nur schweren Herzens wieder am Flughafen verabschiedet habe, habe ich mich auf meinen Halbtages-Ausflug nach Sintra gemacht. Dort hat mich die Quinta da Regaleira regelrecht in ihren Bann gezogen. Das ist ein herrliches Anwesen mit einer Art Märchenschloss (im neomanuelinischen Baustil) - das wahre Highlight ist aber der riesige Garten mit vielen kleinen Fußwegen. Die schlängeln sich zum Teil über Stock und Stein, durch dunkle Höhlen, vorbei an dichten Sträuchern, moosbewachsenen Bäumen und Skulpturen. Besonders beeindruckt hat mich der rund 30m tiefe Brunnen, den man hinauf- oder auch hinabsteigen kann. Er steht symbolisch für die Hölle am tiefsten, dunkelsten Punkt und umgekehrt für den Himmel ganz oben am Tageslicht. Ich habe mich für den Aufstieg entschieden :-)

Urlaubszeit adé, jetzt wird wieder mit angepackt

Alles in allem eine wirklich geniale Zeit, die besonders in den letzten Tagen viel zu schnell rum ging. Jetzt heißt es ab morgen wieder: "Schaffe, schaffe - Farm betreuen!" Ich bin gespannt auf Loli und José, meine Gasteltern bis Ende November. Vom bisherigen E-Mail- bzw. WhatsApp-Kontakt hören sie sich bislang sehr nett an. Loli hat sich für mich auch extra schon im Vorfeld erkundet, wann die Busse von Cáceres ins 1,5 Stunden nördlich gelegene Hoyos fahren - denn ein Auto haben die beiden leider nicht, um mich irgendwo abzuholen. Dafür holen mich wohl an der Busstation in Hoyos ab. Ich bin gespannt und lasse mich einfach überraschen, was mich dort so erwartet :-)

1 Kommentar:

  1. Vielen lieben Dank wieder für die tollen Geschichten und schönen Bilder!!!! Da kriegt man ja direkt Lust, Dir hinterherzureisen!!! :D

    Herzliche Grüße
    Sylvia

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