Mittwoch, 3. Dezember 2014

Lost in Sevilla

Es gibt eigentlich nur eine Stadt, in der ich mich ständig hoffnungslos verlaufe. Und die heißt Sevilla! Das lustige ist, dass ich normalerweise wirklich einen sehr guten Orientierungssinn habe. Aber die Innenstadt ist ein einziges Wirr-Warr an verschachtelten kleinen Sträßchen, die zum Teil so eng sind, dass mit Mühe und Not gerade noch so ein Auto durch passt. Beruhigend und sehr sympathisch fand ich, dass sogar Antonio, der schon lange in der Stadt wohnt, sich auch ein paar Mal versichern musste, dass wir noch auf dem richtigen Weg zu meinem Hostel sind.

Antonio habe ich ebenfalls im April beim pilgern kennen gelernt und er hatte am Freitag sogar extra seinen Familien-Ausflug verschoben, um mir ein bisschen seine Stadt zu zeigen. So haben wir nicht nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten per Fußmarsch erkundet, sondern zwischendrin auch immer wieder Halt in seinen Lieblings-Tapasbars und Tavernen gemacht. So gab es zu jedem Cerveza bzw. Clara (das spanische Radler) ein Häppchen dazu. Die Tapas-Kultur kommt übrigens auch aus Andalusien. So zieht man wirklich von Bar zu Bar und isst zu jedem Bier immer noch eine Kleinigkeit dazu - und wird dadurch nicht so schnell betrunken ;-)

Rücken gerade biegen und Kontakte knüpfen

Allerdings hatte ich für meinen Sevilla-Aufenthalt nicht nur Sightseeing, sondern auch einige Pflichttermine auf dem Programm. So hab ich unter anderem bei einem Osteopathen vorbeigeschaut, der meine Wirbel wieder etwas "zurecht gerückt" hat. Das ist seit meinem Wirbelbruch vor fünf Jahren immer mal wieder nötig, gerade auch wenn ich so einen schweren Rucksack mit mir rumschleppe. Die Verständigung hat auch super geklappt: Ich konnte ihm mein Anliegen und die Hintergrund-Geschichte mit meiner Turmsprung-Aktion komplett auf spanisch erklären. Total nett fand ich übrigens, dass ich samstags in die Praxis kommen durfte, obwohl da eigentlich geschlossen ist. Aber weil sie freitags so spontan nichts mehr frei hatten und ich ja nur das Wochenende in Sevilla war, hat er für mich eine Ausnahme gemacht!

Neben dem Rücken gerade biegen war auch Kontakte knüpfen angesagt. Zufälligerweise arbeitet das Hostel, in dem ich übernachtet habe, auch mit freiwilligen Helfern zusammen. Und da ich total Lust hätte, nächstes Jahr für einige Wochen in Sevilla zu leben, habe ich mich direkt vor Ort dem Hostel-Manager Carlo vorgestellt. Das Gespräch lief sehr gut, die Arbeit klingt entspannt und das Team macht einen super netten Eindruck! Jetzt müssen wir eigentlich nur noch den Zeitraum fixieren und dann geht's 2015 nochmal zurück nach Sevilla. Das würde mich echt freuen, weil die Stadt so viel Flair und unglaublich viel zu bieten hat.

Das wurde mir auch nochmal während meiner Free Walking Tour durch die Stadtviertel Santa Cruz und Triana klar. Wer diese Art Stadtführungen übrigens noch nicht kennt, dem möchte ich sie dringend ans Herz legen. Diese organisierten Stadtrundgänge auf Spendenbasis gibt es mittlerweile in vielen Städten. Sie werden meist von Einheimischen durchgeführt, die total interessante Geschichten aus dem Nähkästchen plaudern.

Sich in und durch Sevilla treiben lassen

Am meisten habe ich am Wochenende genossen, mich einfach treiben lassen zu können. So habe ich am Sonntag den Stadtplan erst gar nicht mehr ausgepackt, sondern bin einfach drauf losgelaufen und hab mich überraschen lassen, wo ich raus komme. Unter anderem bin ich auch an der Plaza de España gelandet. Besonders gut gefallen mir an diesem Platz die kleinen Nischen mit Sitzbänken, mit denen jeder der 48 Provinzen Spaniens eine eigene Nische gewidmet wurde. Beim durchlaufen ist mir erst richtig bewusst geworden, wieviel ich jetzt schon von Spanien kenne - ein echt schönes Gefühl. Eine kleine Pause habe ich dann in der Málaga-Nische eingelegt. Schließlich liegt meine letzte Station Estepona ja in dieser Provinz, so dass ich mich einfach schon mal einfühlen wollte. Und bei über 20 Grad an diesem Nachmittag habe ich es dann auch eine ganze Weile dort auf dem kleinen Bänkchen ausgehalten :-)

Genossen habe ich es aber auch, spontan zu sein. So habe ich bei meiner Free Walking Tour ein sehr nettes Mädel - Inga aus Berlin - kennengelernt, mit der ich im Anschluss noch was trinken gegangen bin. Und als ich dann um kurz vor zehn erschöpft wieder im Hostel war,  hat mich mein Zimmernachbar Mohammed noch zum Tapas essen überredet. Im Nachhinein bin ich auch echt froh, dass ich noch mit bin - das Essen war superlecker, ein echter Geheimtipp (La Pepona - für alle, die's mal selbst testen wollen :-)).

Zeit zum Verweilen und Lauschen

Mein kulturelles Highlight war übrigens keine der typischen Sehenswürdigkeiten. An meinem letzten Abend auf dem Heimweg von der Flamenco-Show hat mich die Musik eines Straßenmusikers sehr berührt. Frank, der eigentlich aus Sevilla kommt, schreibt und vertont seine Lieder am liebsten auf Englisch. Und die Texte gehen echt unter die Haut - so zum Beispiel "As Mum said", das Lied hat er zum Tod seiner Mutter geschrieben.

In Summe kann ich für mich sagen: All die schönen Erlebnisse waren möglich, weil ich meinen Aufenthalt in Sevilla nicht so streng getaktet hatte und dadurch genügend Raum für Spontaneität blieb. Das möchte ich mir auch gerne nach meiner Zeit in Spanien für meinen normalerweise sehr straff organisierten Alltag zuhause mitnehmen: Mir mehr Freiräume im Alltagstrubel zu schaffen, um mich an spontanen Aktionen zu erfreuen - oder auch einfach nichts zu tun :-). 

Auf zur letzten Station

Am Montagmorgen ging's dann schon wieder weiter nach Estepona - zur meiner letzten Station in Spanien vor Weihnachten. Über meinen Alltag bei der Katzenauffangstation werde ich in meinen nächsten Blogbeitrag dann ausführlich berichten. Gerade bin ich erst mal noch dabei, die ersten Eindrücke zu verarbeiten und mir die Namen der rund 70 Katzen zu merken ;-)

1 Kommentar:

  1. Liebe Aline, ich folge Dir, wenn auch teilweise mit Verzögerung ;-). Das-Organisieren-Minimieren finde ich super, und dass Du schon Pläne für 2015 schmiedest :-)! Genieße das schöne Wetter, Schneeregen in Berlin! Alles Liebe, Anja

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