Dienstag, 7. April 2015

Kindheitsträume verwirklichen

Ich glaube wirklich an Schicksal. Die Woche auf dem Reiterhof in Aranjuez kam genau zur richtigen Zeit und war das perfekte Abschlussprojekt für mich: Eine Woche inmitten der Natur, viel Kontakt zu den Tieren, die Unbeschwertheit der Kinder und vor allem eine sehr familiäre Atmosphäre!

Schon bei meiner Ankunft wurde ich sehr herzlich von Raquel und Vanesa sowie deren Tochter Claudia am Bahnhof empfangen. Die beiden sind ungefähr im gleichen Alter wie ich und helfen dem Ende 50-jährigen Reitstallbesitzer Uti mit voller Tatkraft bei allem was so ansteht. Zwei echte Powerfrauen, die auch bereits schon mein Zimmer in Utis Haus liebevoll hergerichtet hatten, so dass ich mich von Anfang an einfach nur wohlfühlen konnte. Dazu trug aber auch die allgemeine Atmosphäre bei, die vom Anwesen ausgeht. Das hat Uti vor rund 15 Jahren aufgebaut, als er beschloss, seinen gut bezahlten Job als Architekt in Madrid an den Nagel zu hängen und das zu tun, wofür sein Herz schlägt: Eine Arbeit mit Pferden und Kindern auf dem Land. Dass er damit glücklich ist, sieht man ihm an. Aber nicht nur er, sondern auch die Tiere sind hier wirklich glücklich, das konnte ich gleich bei meinem ersten Rundgang in den Abendstunden spüren. Die rund 25 Pferde verbringen den ganzen Tag auf der Koppel und sind daher sehr ausgeglichen und friedlich. Darüber hinaus gehören zum Reitstall auch noch ein total verliebtes Katzen-Pärchen sowie die die treue Hündin Nala.

Englisch-Kenntnisse und Pferde herausputzen

Ungefähr wusste ich ja schon, was meine Aufgaben für diese Woche sein sollten: Spanischen Kindern Englischunterricht geben. Mehr hatte ich im Vorfeld auch nicht weiter erfragt. Auch das habe ich mittlerweile gelernt: Nicht vorab alles im Detail wissen zu wollen, sondern mich überraschen zu lassen und einfach was Gutes zu erwarten :-)

So hab ich also vor Ort genaueres zum Oster-Ferienprogramm der Reitschule erfahren, das den Kindern nicht nur umfassende Reit-, sondern auch Englischkenntnisse rund um's Pferd vermitteln sollte. Denn um das Englisch der Spanier - und vor allem die Aussprache - ist es bekanntlich nicht so gut bestellt. So hab ich die ersten zwei Tage erst mal damit verbracht, meinen Englischkurs für die insgesamt 9 Mädels im Alter zwischen 8-17 Jahren vorzubereiten. Heißt also Inhalte, Struktur und Methoden überlegen, aber auch selbst fleißig Vokabeln pauken. Denn was den Körperbau, das Sattel-, Zaum- und Striegelzeug oder auch die unterschiedlichen "Gangarten" betrifft - da muss auch ich mit meinem Englisch, geschweige denn mit meinem Spanisch passen ;-) Raquel stand mir bei allem aber immer mit Rat und Tat zur Seite und das war echt spitze.

Obwohl ich die Arbeit mit Kindern jetzt nicht unbedingt von vorne herein zu meinen Stärken gezählt hätte, so war ich doch sehr positiv überrascht. Wir hatten die Woche über sehr viel Spaß und ich hab versucht, den Unterricht nicht allzu theoretisch zu gestalten: So haben wir unter anderem zu englischen Pferde-Kinderliedern gesungen und getanzt, Ponys mit bunten Post-its beklebt oder auch eine Osterschatz-Schnitzeljagd quer über das gesamte Gelände veranstaltet. Dabei haben die Mädels auch gleich noch gelernt, dass in Deutschland der Osterhase Süßis versteckt - den Brauch kannten sie nämlich nicht.

Und nach der täglichen Englischstunde ging's dann ab in den Sattel für die Kids. Und auch in mir hat dann das innere Kind gejauchzt, wenn ich dabei helfen durfte, die Pferde für den Reitunterricht fertig zu machen. Vom richtigen Striegeln über Hufe auskratzen bis hin zum aufzäumen und aufsatteln bin ich jetzt bestens geschult und hab umgekehrt meine Schülerinnen immer noch das passende Vokabular abgefragt :-)

Kulinarische, kulturelle und tierische Highlights

Neben dem reinen "Arbeitsalltag" wurde mir auch sonst einiges geboten. So hab ich beispielsweise von Vanesa gelernt, wie man "Torijas" - eine typisch spanische Süßspeise zur Osterzeit - zubereitet. Oder Raquel hat mir an einem Nachmittag Aranjuez mit dem prachtvollen Schloss und den weitläufigen Gärten gezeigt. Und Uti hat mir an meinem letzten Tag noch einen riesen Kindheitstraum erfüllt: Ich durfte voltigieren und mich ein bisschen wie Pipi Langstrumpf fühlen! Das heißt während die brave Schimmel-Stute Listilla an der Loge ging, hab ich mich unter Anweisung von Uti und den anderen an allerhand akrobatischen Kunststücken versucht :-) Und zur Belohnung gab's dann am Nachmittag noch als Abschiedsessen leckere Paella und wir saßen noch in geselliger Runde zusammen, bis mich Uti auf den Bus gebracht hat.

Sevilla platzt aus allen Nähten

Denn von Aranjuez bin ich letzten Donnerstagabend noch weiter über Madrid bis nach Sevilla gefahren. Um das Spektakel rund um den Karfreitag voll auszukosten, hatte ich mich dazu entschieden, den Nachtbus zu nehmen und dort einfach meine 6 Stunden Schlaf reinzuholen :-)

So war ich also pünktlich zu den bekannten Prozessionen im Morgengrauen halbwegs ausgeschlafen und hab wirklich gestaunt: Nicht nur darüber wie viele tausend Menschen sich in den kleinen Gässchen morgens um 5 Uhr tummeln. Sondern auch über die Prozessionen an sich, die im ersten Moment schon etwas befremdlich wirken. Die "Büßer", also diejenigen, die bei der Prozession mitlaufen, sind oft nicht nur barfuß oder in Ketten unterwegs - sie sehen in ihren Kutten mit den spitzen Hauben auch irgendwie den Mitgliedern des Ku Klux Klans ähnlich. Das eine hat aber mit dem anderen rein gar nichts zu tun und die Verkleidung soll wohl die Anonymität der Mitlaufenden wahren. So der Ursprung jedenfalls. Wirklich beeindruckend sind aber die sogenannten "Pasos", die riesigen Bahren mit der heiligen Jungfrau obendrauf sowie mit zahlreichen Blumen sowie Kerzen geschmückt. Diese werden von rund 40 Männern, die unter den Bahren marschieren, durch die engen Gässchen getragen bzw. manövriert.

Um halb 10 morgens hatte ich dann genug von den Prozessionen, nachdem dann auch "La Macarena", eine der bedeutendsten an mir vorbeimarschiert war. Mega hungrig bin ich dann erst mal noch mit Kerstin, meiner "Zwillingsschwester", die ich noch aus meiner Hostelzeit kenne, ausgiebig frühstücken und anschließend ein bisschen shoppen gegangen ;-)

Relaxte Strandtage zum Reflektieren

Direkt am Abend des Karfreitags ging's für mich dann auch schon weiter in die Provinz Huelva. Ich wollte zum Abschluss meiner Reise nämlich einfach noch ein paar ruhige, erholsame Strandtage an der Costa de la Luz verbringen, meiner Lieblingsküste in Spanien. Hier hatte ich das Glück über Couchsurfing bei einer super netten Spanierin namens Sofia unterzukommen - und das vollkommen umsonst! Auch hier hat's mich wirklich wieder mal richtig gut getroffen, denn Sofia war nicht nur total offen, herzlich und eine interessante Persönlichkeit, sondern auch eine sehr gute Gesprächspartnerin. Trotz ihrer 11-stündigen Kellnerschicht saßen wir jeden Abend noch lange auf dem Sofa zusammen, haben meinen mitgebrachten Schoko-Erdbeer-Likör genossen und so geredet, als würden wir uns schon unser halbes Leben kennen.

Tagsüber hab ich dann einfach die Zeit für mich genossen. So hab ich nach den vielen Eindrücken und Reisen der letzten Wochen viel geschlafen oder tagsüber am Strand verbracht und dabei auch nochmals die letzten Wochen und Monate reflektiert. Das tat echt auch nochmal richtig gut zum Abschluss!

Alles hat ein Ende...

Ja und a propos Abschluss... Jetzt steht tatsächlich das Ende meiner Reise bevor! Mein letzter Stopp ist heute Estepona, wo ich nochmals eine Nacht bei Cleo schlafe und dann die vier Katzen für den Flug nach Stuttgart morgen Nachmittag einsammel. Aber keine Angst, bei mir bleibt es "nur" bei meinen zweien :-) Für die anderen beiden bin ich lediglich Flugpatin und überreiche sie dann am Flughafen ihren zukünftigen Besitzern.

Tja, und da ich Abschiede hasse, mache ich es jetzt auch einfach mit diesem Blogbeitrag kurz und schmerzlos. Ich sage einfach "Hasta luego", denn vielleicht rückt ja nach meiner ersten Eingewöhnungszeit zuhause noch ein Fazit-Blogbeitrag hinterher.

Trotzdem schon mal ein ganz herzliches Dankeschön an all diejenigen, die meine Reise hier im Blog mitbegleitet und mich auch während meiner Zeit in Spanien immer wieder im persönlichen Kontakt unterstützt haben! So ist die Verbindung in meine Heimat einfach ständig erhalten geblieben und das Heimkommen fühlt sich nicht so fremd an. Und das ist ein schönes Gefühl!

1 Kommentar:

  1. Liebe Aline, ganz lieben Dank, dass ich Dich in der Zeit begleiten durfte! Es war super spannend und bewegend! Komm gut mit den Pussys nach Hause! Liebe Grüße von der Spree, Anja

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